BRANDREDE: „Angriff auf Leistungsfähigkeit der Feuerwehr“

 

30.12.2016 - 08:00

Hemer. In einer „Brandrede“ hat die Freiwillige Feuerwehr die ausgebliebenen Fahrzeuganschaffungen kritisiert.

Vor und in der Weihnachtssitzung des Rates war es noch ein stiller Protest mit Löscheimern, doch auf der Jahresabschlussfeier platzte der Unmut förmlich aus den Führungskräften der Freiwilligen Feuerwehr heraus. Eine „Brandrede“ , gerichtet vor allem an die Vertreter aus Rat und Verwaltung, hat am Mittwochabend die Jahresbilanz in den Hintergrund treten lassen und ist mit stehendem Applaus bekräftigt worden.

„Es brennt – und zwar bei der Feuerwehr selbst – und das schon seit einigen Jahren“, ergriffen Dirk Förster und Timo Boss nach den offiziellen Reden im Auftrag der Löschgruppen das Wort und prangerten die Missstände an. „Unzureichende Einsatzmittel wie ein überalterter Fuhrpark greifen die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr seit Jahren an“, kritisierten sie Unfallrisiken für die Einsatzkräfte und Rahmenbedingungen, die die Chance auf neue Mitglieder gänzlich zu Nichte machten.

Als Beispiele führten sie das nicht ersetzte 27 Jahre alte Tanklöschfahrzeug in Ihmert an, das nicht über gesetzlich vorgeschriebene Rückhaltesysteme oder eine Servolenkung verfüge. Wegen altersbedingt fehlender Ersatzteile sei die Pumpe des Ihmerter Löschfahrzeugs ein Jahr lang defekt gewesen. Das alte Löschfahrzeug der Becke sei mehrfach nicht angesprungen. Das Löschfahrzeug und der Mannschaftstransportwagen der Jugendfeuerwehr dürften aus Sicherheitsgründen nicht mehr benutzt werden, mit entsprechenden Folgen für die Nachwuchsförderung.

Mit der Drehleiter sei vor sieben Jahren das letzte Fahrzeug angeschafft worden. Der Brandschutzbedarfsplan von 2011 sei seither nicht umgesetzt worden. „Die Gelder für die dort festgeschriebenen Investitionen im Bereich des Brandschutzes wurden bis heute nicht zweckentsprechend eingesetzt, was auch der Politik bei den Jahresbilanzen hätte auffallen müssen. Es geht um Investitionen, die zwingend erforderlich sind für die Sicherheit der Einsatzkräfte und für die Sicherheit der Menschen dieser Stadt“, sagte Timo Boss.

„Sperrvermerk ist ein neuer Brandbeschleuniger“
Tatsächlich sieht der Brandschutzbedarfsplan aus 2011 die Neuanschaffung eines Löschfahrzeuges 10/6 und eines Mannschaftstransportwagens für Landhausen, einen Gerätewagen Logistik für die Becke, ein Tanklöschfahrzeug 20/40 für Ihmert und zwei Einsatzleitwagen vor. Auf der Jahresdienstbesprechung 2015 war der Kauf nochmals bekräftigt und im März 2016 angemahnt worden.

„Aus unserer Sicht ein Ergebnis, das nur durch Versagen auf beiden Seiten möglich sein kann“, kritisierten die Sprecher Rat und Verwaltung. Der Sperrvermerk der Hemer-Koalition sei ein neuer Brandbeschleuniger. „Fehler aus der Vergangenheit lassen sich nicht mit Fehlern beheben, die man in Zukunft begeht“, betonten die Freiwilligen.

Mit seinem zuvor gesprochenen Grußwort hatte Vizebürgermeister Wolfgang Römer diese „Brandrede“ eigentlich vermeiden wollen. Er dankte für den Einsatz für die Bürger der Stadt und versicherte der Feuerwehr die Unterstützung der Politik. „Der Sperrvermerk muss als Chance und nicht als Hindernis angesehen werden“, so der Christdemokrat. Sobald die Verwaltung ihre Hausaufgaben erledigt habe, könnten die Beschaffungen laufen. Der Sperrvermerk sichere der Feuerwehr die Anschaffung von Fahrzeugen und verhindere, dass das Geld in andere Kostenstellen fließe. Man warte gespannt auf die Ausschreibungen.

Gravierende Zunahme beiden Rettungsfahrten
„Es geht nur gemeinsam und in eine Richtung“, appellierte Feuerwehrchef Markus Heuel abschließend. Zuvor hatte er auf ein einsatzreiches Jahr geblickt und allen Feuerwehrleuten gedankt.Von Großbränden ist Hemer 2016 verschont geblieben. 31 Klein- und 5 Mittelbrände waren zu verzeichnen. Warum in der Stadt so häufig zu Martinshörner erschallen, belegen andere Zahlen. Erheblich zugenommen haben die Krankentransporte und Rettungsfahrten: von 5071 auf 6332.

Die Mitgliederwerbung bleibe eine große Aufgabe, zumal die Einsatzabteilung von 226 auf 216 geschrumpft ist. Personalengpässe bei den Hauptamtlichen werden durch Mehrarbeit kompensiert. Zum 1. Januar 2017 werden sieben Stellen nicht besetzt sein, weil es im ganzen Land zu wenig ausgebildete Feuerwehrleute gibt.

Quelle: IKZ Online, Ralf Engel