ABC-ALARM: „In dem Moment hat eine Art Automatismus eingesetzt“

 

26.11.2017 - 14:19

Hemer. Wenn eine komplette Polizeiwache evakuiert werden muss, ist das ein Notfall der besonderen Art. Polizeioberkommissarin Yvonne Böckelmann schildert die ereignisreichen Stunden. Sie ist einer der fünf Leichtverletzten und ist dankbar, dass vor Ort alles so gut organisiert war und alles glimpflich ausgegangen ist. Jetzt ermittelt die Kripo.
Wenn Polizeioberkommissarin Yvonne Böckelmann an den Freitagabend und den Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei zurückdenkt, ist sie froh, dass alles glimpflich ausgegangen ist. Die 42-Jährige hatte Dienst auf der Hemeraner Polizeiwache, als die Hemeraner Ärztin mit dem eingeschweißten Briefumschlag auf der Wache erschien. Sie war nicht direkt dabei, als ihre Kollegen den Umschlag öffneten, sondern kam ein paar Augenblicke später hinzu. Schnell haben alle gemerkt, dass etwas nicht stimmt, sofort reagiert und die Feuerwehr alarmiert. „Ich weiß gar nicht, ob ich mich bedroht gefühlt habe. In dem Moment hat eine Art Automatismus eingesetzt, die Arbeit und der logische Menschenverstand gingen vor“, sagte sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Polizeiwache wurde evakuiert, war von Minute eins auf zwei nicht mehr erreichbar. Die Kollegen aus Iserlohn übernahmen das Hemeraner Stadtgebiet mit. Es war für die Beamten eine absolute Ausnahmesituation, die sie so nicht kannten. Ein „verkehrtes“ Bild, wenn gleich alle diensthabenden Polizeibeamte in Not geraten und die Wache nicht mehr besetzt ist.

Die Maschinerie rund um das Gebäude wurde in Gang gesetzt, Yvonne Böckelmann und ihre Kollegen wussten, dass sie nun im Duschtunnel dekontaminiert werden mussten. Der Löschzug Mitte als Dekontaminationseinheit hatte alles vorbereitet. „Wir mussten alles abgeben, auch das Handy, uns komplett ausziehen und wurden gereinigt. Keine schöne Situation“, erinnert sich die Polizeibeamtin. Aber es war der vorgeschriebene und in dieser Situation notwendige Ablauf. Die Feuerwehr hatte derweil trockene Kleidung besorgt, die Yvonne Böckelmann und die anderen Betroffenen anziehen konnten. „Allerdings ohne Unterwäsche, Socken und Schuhen“, beschreibt Yvonne Böckelmann die Situation, als sie dann zusammen mit den anderen im Bulli saß und zum Notarzt gefahren wurde. Alle hatten direkt nach der Öffnung des Umschlags über Übelkeit, Juckreiz und Schwindel geklagt, diese Beschwerden verschwanden aber relativ schnell wieder.

Opferschutz-Beauftragte betreute die Verletzten
Nach der Untersuchung haben die Polizeibeamten den Opferschutz der Polizei hinzugebeten. Dorothee Klein habe sich gut um alle gekümmert, nicht nur die fehlende Kleidung besorgt, sondern war in der Phase eine seelische Stütze. Nach 23 Uhr hatte das Warten ein Ende, und alle waren glücklich, dass die Untersuchung des Umschlags durch den Chemiker der Analytischen Task Force aus Dortmund ohne Befund war und keine gefährlichen Stoffe mehr nachgewiesen werden konnten. Was letztlich zur Verletzung der Polizisten und der Ärztin führte, der genaue Geschehensablauf und die Herkunft des Briefes sind nun Gegenstand der Ermittlungen der Kriminalpolizei. Bleibt die Frage, warum der Umschlag auf der Wache geöffnet wurde. Darauf gibt es auch noch keine Antwort.

Bis spät in die Nacht dauerten die Aufräumarbeiten. Die Löschgruppen rückten ab, der Löschzug Mitte war am Samstag mehrere Stunden damit beschäftigt, das Material wieder zu säubern. Das Duschzelt musste zunächst trocknen, ehe alles gereinigt und desinfiziert werden konnte.

Quelle: IKZ Online, Carmen Ahlers